So heute mache ich wie gewohnt weiter, mit den Fragen, die
ich mir immer wieder stelle.
Diesmal geht es um die Frage: Was haben Touretter
von Treffen mit anderen Betroffenen? Was sind mögliche Vorteile? Und was sind
mögliche Nachteile? Diesmal bin ich das Thema aber nicht allein angegangen,
sondern ich habe gemeinsam mit meinen ‚Blog-Beratern‘ dieses Thema besprochen. :D
Zunächst einmal mein ganz persönlicher Eindruck.
Zum ersten Treffen kam zeitgleich eine Tic-Steigerung dazu, sodass wir den Anstieg
auf das Treffen schoben. Auch dies war für mich damals kein Grund auf Treffen
zu verzichten. Zwei Tage später konnte ich diese Steigerung auch besser
verstehen. Jedenfalls ging es mir danach richtig gut. Und seitdem habe ich die
Treffen auch immer gut überstanden. Klar, tice ich währenddessen mehr und auch
danach noch eine Weile, dann pendelt sich der Pegel aber wieder ein. Und mal
ganz ehrlich, durch die vielen verschiedenen Tics kommt auch eine richtige
Konversation zustande. Der Trigger-König hat mal erzählt, vor seinem ersten
Treffen hat er bestritten, dass Tics eine Form der Kommunikation sein könnten,
dies meinte sein Therapeut immer. Nach dem ersten Treffen musste er dem aber
zustimmen. Denn man muss nur mal anfangen ‚We will, we will…‘ zu klopfen/singen
was auch immer. Einer wird den Satz sicher beenden. Irgendwo kommt immer eine
Antwort her. :) Im Augenblick unterhalte ich mich auch viel mit Tourettern, die
bisher keinen Kontakt hatten mit anderen. Immer wieder höre ich ‚Ich habe irgendwie
Angst vor der Tic-Übernahme. Mein Arzt hat gesagt Treffen sind nicht so gut….‘
Zuerst erkläre ich ein bisschen, wie es bei mir war. Dann frage ich nach dem
Arzt und sage sie könnten ihn mal gern einladen, dass sie mal sehen wie gut
solche Treffen sind. ;) Und zuletzt erzähle ich, wie es ganz vielen nach den
Treffen geht. In der Zivilisation angekommen wünscht man sich erst einmal auf
den Heimatplaneten zurück. Und nach der ersten Gewöhnung läuft man mit einem
inneren Mittelfinger durch die Straßen. Mir geht dann immer durch den Kopf: ‚Mir
doch egal, was ihr denkt. Ich bin nicht allein und es gibt Momente, da stört
sich niemand an mir.‘ Ich laufe bei diesem Gefühl auch immer besonders lässig.
(Sieht wahrscheinlich total dämlich aus, aber egal:‘D)
Aber um euch zu beweisen, dass es nicht nur mir so
geht und auch nicht nur den Betroffenen sondern auch deren Familien hier ein
paar Ausschnitte von Leuten, die zu diesem Thema antworteten.
Betroffene:
Es ist von Touretter zu Touretter verschieden, ob man Tics übernimmt, oder
nicht. Manche tun das und andere nicht. Ich bemerke bei Treffen
einen Anstieg meiner Tics und in der Situation übernehme ich auch mal einen
anderen Tic, aber sobald ich wieder zu Hause bin, sind die übernommenen Tics
weg und der Ticpegel pendelt sich auch wieder ein.
Man sollte aus Angst vor einer Ticübernahme nicht auf die Treffen verzichten. Man weiß vorher nie, ob man welche
übernimmt oder nicht.
Betroffene:
Ich fühle mich völlig normal, niemand schaut auf
die Tics der anderen und es wird viel gelacht. Umso früher die ersten Treffen
stattfinden, desto mehr steigt das Selbstwertgefühl und man lernt sich selbst
kennen. Ich bin aus den Treffen gestärkt und mit mehr Mut rausgegangen, trotz
minimaler Ticübernahme.
Betroffener:
Ich denke man kann sich sehr gut Austauschen und
man verliert die Angst, falls man welche hatte. Man lernt vieles, was man
vorher nicht an sich erklären konnte. Nach dem Treffen war ich mutiger und
gestärkt.
Betroffene:
Eine einzigartige Möglichkeit sich aus den Zwängen
der Gesellschaft zu befreien und einen Überfluss an kreativer Energie zu
spüren. Das gemeinsame Lachen über sich und seinen Kobold lässt Kraft schöpfen. Es ist aber nicht nur so, dass Betroffene die
Treffen als Bereicherung ansehen, auch Eltern oder Geschwister sehen die
Treffen positiv.
Mutter:
Also ich bin nicht betroffen, aber ich durfte bei
einigen Treffen dabei sein.
Das Bild was sich mir geboten hat ist einfach nur mit phänomenal zu beschreiben. Sicherlich wurden Tics übernommen, aber
die glücklichen Gesichter der Betroffenen waren überwiegend.
Das Glück und die Zufriedenheit in den Gesichtern der jungen Betroffenen zu sehen war einfach wundervoll, da spielt die Ticübernahme die kleinste Rolle.
Das Glück und die Zufriedenheit in den Gesichtern der jungen Betroffenen zu sehen war einfach wundervoll, da spielt die Ticübernahme die kleinste Rolle.
Mutter:
Auch zu mir als Mutter wurde wiederholt gesagt,
und noch öfter habe ich dies gelesen, dass solche Treffen
wegen der Tic-Übernahme sehr gefährlich wären. Vor dem ersten Treffen hatte ich deswegen auch etwas Angst, das
Bedürfnis meiner Töchter nach Kontakt zu anderen Tourettern war aber stärker. …Und
ich kann, zumindest was die Betroffenen angeht mit denen ich zwischenzeitlich
in Kontakt war, und dies sind einige, absolute Entwarnung geben!
Meine Beobachtung dabei ist, dass sich beim Treffen
selbst alle gegenseitig Triggern, zum Teil sogar ziemlich :-). Vor allem aber
ist es eine Befreiung - es ist so normal das man ticct - es ist so schön das
man nichts erklären muss - es ist so normal das man gemeinsam lachen kann :-) …
Vater:
Touretter müssen andere Touretter kennenlernen um
Kontakte aufzubauen, Freundschaften zu schließen… Besonders für Kinder, die
sich noch nicht im Internet austauschen sind Treffen sehr wichtig.
Bruder:
Es ist super wenn erfahrene TSler die Erfahrungen
an jüngere weitergeben.
Mutter:
Ich stelle mir einen bunten Haufen Menschen vor,
aus dem es zuckt und ruckt und die tollsten Geräusche zu hören sind. Das ist
irgendwie sonderbar-wunderbar!
Und mein kleiner Lieblings-Touretter, der bisher noch keine Treffen mit vielen Tourettern
erlebte stellt sich ein Treffen so vor:
Wenn sich 10 Touretter treffen stelle ich mir vor,
dass sich alle gegenseitig anticen und eine eigene Tourettesprache haben.
Ich kann nur sagen, JA alle haben recht und warum
sollte man diese schönen Emotionen außeracht lassen. Es waren ja jetzt nicht unbedingt
wenige Meinungen, aber dennoch sehen alle das ähnlich. Und jeder Arzt, der
jetzt immer noch sagt Touretter sollten sich nicht treffen. Sie sind gern
eingeladen, nehmen Sie am besten noch eine Kamera mit, dann haben sie Lehrfilme
für die nächsten 20 Jahre.!!!
Da das Thema gerade so gut passt möchte ich noch
unauffällig darauf hinweisen, dass das erste Treffen der
Tourette-Selbsthilfegruppe Hessen nun steht. Am 12.04.2015 um 14:00 Uhr. Mehr
hier
LifeTiccer
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