Freitag, 6. Februar 2015

Vorteile durch das Tourette-Syndrom/ Mut



So nachdem es mich die letzten beiden Tage völlig umgehauen hat bin ich heute wieder fit. :) 
Und ich freue mich euch wieder schreiben zu können. Ich will ja nicht jammern, aber solche Kopfschmerzen hatte ich noch nie. Ganz plötzlich wurde mir total übel und ich konnte weder Licht noch Geräusche ertragen. Zum Glück ist das jetzt wieder vorbei. Für heute habe ich mir wieder verschiedene Fragen gestellt. Kann ein Touretter auch Vorteile durch seine Erkrankung haben? Ja, ganz klar kann man Vorteile durch das Tourette-Syndrom haben. Zum einen sind das die ganz allgemeinen Vorteile. Man sagt Tourettern nach, dass sie ein besonders gutes Reaktionsvermögen haben. Das kann ich von mir bestätigen. Natürlich braucht man dieses Reaktionsvermögen bei manchen Tics. Aber im Alltag ist das auch sehr nützlich. Dazu habe ich eine ganz witzige Erinnerung. Im Dezember habe ich mich mit verschiedenen Tourettern in Erlangen getroffen. Bei einer ticcenden Zeitbombe (Wortkreation meiner Mama) zu Hause gab es ein Tumult um die Becher. Gerade als die Mutter der Touretterin die Becher fest in der Hand hielt bekam ich den Tic die Becher aus der Hand zu schlagen. Dies geschah so schnell, dass sie keine Möglichkeit hatte die Becher noch einzufangen. :D Wir haben so gelacht. Im Alltag ist das gute Reaktionsvermögen hilfreich um sich zu schützen oder beim Sport ist es hilfreich um den Ball zum Beispiel schnell zu fangen oder ihm auszuweichen. ;)  
Ein anderer Vorteil den ich durch das Tourette-Syndrom habe ist viel Zeit. Manchmal etwas zu viel Zeit aber ohne das alles könnte ich zum Beispiel nicht den Blog schreiben. :D Vielleicht wäre ich mit anderen Dingen beschäftigt, aber ich kann nicht sagen, dass ich jetzt unglücklicher bin als vor dem Tourette. Noch nie zuvor in meinem Leben war ich so sehr ich selbst wie seit dieser Zeit.  
Der größte Vorteil für mich ist aber ganz klar, dass ich richtige wahre, tiefe Freundschaft erfahren konnte. Viele Menschen müssen dafür erst viele gescheiterte Freundschaften erleben und um einiges älter werden, als ich es bin. Natürlich habe ich auch nicht auf eine sanfte Art und Weise erfahren, was wahre Freundschaft ist. Oft war ich sehr traurig und noch heute schmerzen einige Erinnerungen. Aber viel öfter überwiegen das Glück und die Freude in mir. Ich mache mir keine Gedanken mehr wem ich vertrauen kann. Auch frage ich mich nicht mehr, wer genauso viel in diese Freundschaft reinsteckt, wie ich. Egal an wenn ich bei diesen Zeilen denke ALLE sind wahre Freunde. Egal wen ich anrufe und um Hilfe oder ein offenes Ohr bitte diese Person ist da. Und wie kann ich mit so einem Glück behaupten ein schlechtes oder weniger lebenswertes Leben zu führen, als gesunde Menschen. Versucht es selbst, geht auf die Straße und fragt wo die Leute ihre Zufriedenheit einstufen würden. 1 für unglücklich und 10 für sehr glücklich und zufrieden. Ich muss immer mal wieder solche Tests bei Ärzten machen.
Niemals, war meine Antwort schlechter als 6. Meistens ist der Wert bei 7-9. Ich kann Tourette nicht nur als dieses schreckliche Monster sehen, als das es oft dargestellt wird. Tourette ist für mich ein Lehrer. Manchmal hasst man diesen Lehrer und will am liebsten den Unterricht schwänzen. Manchmal hört man was er sagt, aber kann dem überhaupt nicht zustimmen. In anderen Momenten lehrt das Tourette-Syndrom mir aber auch auf mich und meinen Körper zu achten. Und in wieder anderen Momenten ist Tourette der lustigste Lehrer, den ich jemals hatte. Vielleicht rede ich mir das alles ein. Aber ist es nicht schön seine größte Angst als Freund zu betrachten, dann erscheint sie doch viel ungefährlicher und harmloser, oder nicht?
 Schon bei Harry Potter wurde der Irrwicht besiegt indem man ihn lächerlich macht. Und mir hat diese Methode oft geholfen. Erst heute hat mir eine Freundin gesagt ‘Stell dir eine Person vor der du dich fürchtest einfach in Unterhose vor, schon erscheint sie nur noch halb so eindrucksvoll.‘ ;) 
Mein Tipp an euch wäre: Gebt eurem Feind oder eurer Angst nicht den Platz euch das Leben schwer zu machen. Lacht vielleicht einmal darüber oder seht die Angst mal von einem anderen Standpunkt. Und das sage ich nicht einfach so. Ich habe schreckliche Angst davor in eine für mich unvorhersehbare Situation zu gehen. Diese Angst war noch bis vor kurzem so groß, dass sie mich völlig paralysiert und gelähmt hat. Dann wurde ich mehr oder weniger freiwillig in eine genau solche Situation gebracht. Und es war nicht so schlimm. Im Gegenteil dadurch dass ich wirklich Spaß hatte bekam ich Mut und nur zwei Tage später bin ich mit einem Freund spontan losgezogen. Und wenn ich euch von meinem derzeitigen Projekt erzähle, werdet ihr sehen, dass dies auch diese Angst beinhaltet. Ich habe immer noch etwas Angst. Aber wenn sie damals bei 10 war ist sie heute vielleicht bei 3-4. Und es lässt sich wirklich besser Leben, wenn man nicht immer alles so ernst sieht.


 
Steh dir bei
Steh dir bei, lass dich nicht hängen.
Was dich nervt, macht keinen Stich.
Stecke nicht in tausend Zwängen
nicht einmal gelegentlich.

Lass dir nicht die Ruhe rauben.
Nimm die Dinge mit Humor.
An dich selber musst du glauben.
Wichtig wäre, sieh dich vor.

Täglich musst du zu dir halten.
Das ist immer deine Pflicht.
Sollten Missgeschicke walten,
wahre dennoch Zuversicht.


LifeTiccer

1 Kommentar:

  1. Ich habe mir deinen Blog durchgelesen und muss sagen, dass ich ihn wirklich sehr interessant finde. Momentan schreibe ich eine Facharbeit über das Tourette Syndrom und durch deinen Blog habe ich viele neue und gute Informationen erhallten, vielen dank dafür! :-)
    Außerdem finde ich es super wie du deine Krankehit mit einem Lehrer vergleichst, dadurch klingt es nur noch halb so schlimm was vielen anderen Erkrankten bestimmt Mut macht.
    Viel Erfolg weiterhin mit deiner Krankheit und lass dich niemals von deinem Lehrer Unterdrücken, genauso wenig wie ich es mache haha! ;-)
    Viele grüße, Julia

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