Montag, 2. März 2015

Behandlung des Tourette-Syndroms



Ich beschäftige mich zurzeit viel mit Behandlungsmöglichkeiten  für das Tourette-Syndrom. Fragen die sich mir da stellen sind ‚Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Können Therapien weiterhelfen? Wenn ja, welche? Müssen immer sofort die Medikamente her? Welche Medikamente werden dann eingesetzt? Und welche alternativen Behandlungsmöglichkeiten gibt es? 
Vielleicht fragt ihr euch jetzt warum ich mir überhaupt noch diese Fragen stelle, schließlich habe ich ja schon einen Hirnschrittmacher. Nun, wer mich in den letzten Monaten getroffen hat wird bestätigen können, dass dieser bisher keine Erfolge erzielen konnte, man sagt dies braucht etwa 1 Jahr.  Dennoch möchte ich keinen falls für ein Jahr zu Hause sitzen und auf Besserung warten, das wäre mir viel zu langweilig. ;) Aber nun möchte ich erst einmal mit ein paar allgemeinen Infos beginnen.  Prinzipiell ist das Tourette-Syndrom nicht heilbar, jedoch behandelbar. Oft sind keine Medikamente nötig, da die Tics minimal sind, falls Medikamente allerdings benötigt werden greift man auf Neuroleptika zurück. Auch ich habe diese genommen. Ich habe das Glück, außer bei meinem ersten Medikament fast immer relativ Nebenwirkungsfrei diese Medikamente nehmen zu können. Leider sind neben den Nebenwirkungen auch meist die Wirkungen ausgeblieben.  Dennoch finde ich diese Medikamente sinnvoll, häufig helfen sie zumindest ein Stück weit mehr Sicherheit im Alltag zu erlangen. Ich würde mir lediglich wünschen, dass es wirklich mal ein gutes offizielles Medikament für das Tourette-Syndrom gibt. Bisher laufen die meisten ‚Off-Label‘ d.h. sie sind zugelassen für andere Krankheitsbilder. So tun sich die Krankenkassen hin und wieder schwer mit der Kostenübernahme.

Neben den Medikamenten gibt es auch sinnvolle therapeutische Angebote. Die Verhaltenstherapie kann zwar auch kein Tourette-Syndrom heilen, aber man kann als Person gestärkt werden, sich besser verstehen lernen und auch die Tics besser fühlen lernen. Das ist ganz wichtig um einer Tic-Explosion vorzugreifen. Außerdem sind die Tics auch weniger stark (aggressiv) wenn man mit sich selbst im reinen ist.  Auch andere Therapien sind sinnvoll, beispielsweise das Habit Reversal Training. Dies ist das umleiten eines Tics, ohne diese Möglichkeit hätte ich die tiefe Hirnstimulation nicht machen können, da ich mir ständig auf den Kopf oder die Brust geschlagen habe. Nun passiert mir das nur noch bei extremen Stress oder wenn ich sehr müde bin. (Für alle Interessenten hier ein Link) 
Nun zu meinen persönlichen Erfahrungen, Meinungen und Eindrücken. Ich persönlich habe ein therapierefraktäres Tourette-Syndrom, wie es die Ärzte gern nennen. Das bedeutet nichts weiter als therapieresistent. Um diesen Status zu ‚erreichen‘ musste ich auch erst einiges ausprobieren. Zu Beginn kamen die Neuroleptika. Diese brachten nicht die erhoffte Besserung, dennoch nahm ich weiterhin welche, zum einen weil es so viele gibt und man nach einem Medikament nicht sagen kann, dass nichts hilft. Zum anderen, weil ich die Befürchtung hatte, dass es inzwischen ganz ohne Medikamente noch schlimmer wäre. Immer wieder lese ich, dass Medikamente eingeschlichen werden und nach nicht mal einer Woche alle Nebenwirkungen des Beipackzettels aufgetreten sind. Einerseits finde ich, dass man sich nicht selbst diesen Beipackzettel durchlesen sollte, sondern eine vertraute Person dies tun sollte. Andererseits denke ich (entschuldigt diese klaren Worte) wenn man diesen Zettel durch liest sollte man auch die Stelle lesen, in der vermerkt ist, dass diese Medikamente erst eine Weile brauchen um eine Wirkung zu zeigen. Klar sind Nebenwirkungen nicht schön, ich habe zugenommen, bekam eine depressive Verstimmung, schwitze viel… das gehört aber dazu.  Nach den Neuroleptika wollte ich Cannabishaltige Medikamente versuchen. Zum Glück machte dies meine Ärztin möglich. Und anfangs ging es mir richtig gut mit diesem Medikament, dann bekam ich eine Tic-Steigerung und der ‚super‘ Effekt des Medikaments war nicht mehr vorhanden. Bis heute nehme ich es weiterhin. Aber nicht zum Vergnügen, sondern weil ich ohne dieses Medikament nicht einmal laufen könnte, mein ganzer Körper verliert dann die Kontrolle und ich kann eigentlich nicht mehr wirklich was machen, außer mich und andere zu nerven und gefährden.  Nach und während diesem Medikamentenversuch, kam die Entscheidung einen Hirnschrittmacher zu implantieren. Diese Behandlungsmethode kommt allerdings nicht häufig beim Tourette-Syndrom in Frage, einfach weil es zum Glück sehr oft nicht nötig ist. Nun ist es so, dass ich für eine Ausnahmegenehmigung zum Gebrauch der Cannabisblüten ‚kämpfe‘ und was für mich viel viel entscheidender ist, ich benötige eine Kostenübernahme der Krankenkasse, da ich mir dieses Medikament nicht selbst leisten kann. Cannabis ist für mich keine Droge, davon erfahre ich keinen Rausch oder ich verwende es auch nicht als Genussmittel, sondern es ist ein Medikament für mich. Wenn ich Cannabis konsumiere passiert nur eins mit mir, meine Gedanken ordnen sich, in meinem Kopf sind nicht bloß Tics sondern auch mal Platz für eigene Gedanken. Ich habe mehr Kontrolle über mich und meinen Körper. Warum sollte dies also kein Medikament sein? Allerdings ist das auch kein Wundermittel, Studien haben auch gezeigt, dass Cannabis niemanden heilt oder allen gleich gut hilft. Manche Touretter sind zu 98% Ticfrei , anderen bringt es mehr Ruhe und Kontrolle und wieder andere haben Nebenwirkungen. 
Jetzt zu den alternativen Behandlungsmethoden. Ich glaube am bekanntesten ist da die Botoxbehandlung, dabei werden Muskellähmungen durch das Gift hervorgerufen. Dadurch tritt der Tic weniger oder nicht mehr an einer bestimmten Stelle auf. Diese Behandlung hält zwischen 3-4 Monaten. Dann wird auch noch immer wieder davon gesprochen, dass die Ernährung eine Rolle spielt. Dabei ist es mir allerdings nicht zu Ohren bekommen, dass man eine Tic-Verbesserung erreichen kann. Man kann allerdings eine Verschlechterung verhindern. Beispielsweise durch den Verzicht auf zu viel Zucker, Koffein oder Alkohol. Dies ist allerdings auch kein wirkliches Rätsel, da auch bei gesunden Menschen diese Mittel aufputschen. Bei Tourette eben auch die Tics. Ich sage dann immer: Gib dem Affen Zucker! ;) Und die letzte Alternative, die ich vorstellen möchte ist der Einsatz von Zahnschienen. Ich bin nun auch in Foren unterwegs und dort laß ich mal, dass es Zahnärzten gelungen sei das Tourette-Syndrom mittels einer Schiene zu heilen. Nun an eine Heilung glaube ich nicht aber eine Besserung schließe ich nicht aus. Auch ich habe eine Schiene zum schlafen, diese trage ich allerdings nur, da ich sonst morgens Schmerzen im Kiefer haben, außerdem lächle ich damit immer so schön. ;) Für alle die mehr Infos möchten: hier die PDF Datei von Prof. Müller-Vahl (Hannover) 
Nun das war jetzt ziemlich viel, aber ich finde dies ein wichtiges Thema und ich bin der Meinung, darüber muss man schon etwas wissen, Eltern besonders um ihren Kindern nicht zu schaden.  Man muss auch auf den eigenen Körper achten, denn manchmal zeigt dieser einem am besten was gut für einen selbst ist. Ich freue mich, wenn ihr es bis hier geschafft habt. Und wünsche euch einen schönen Wochenstart.




LifeTiccer

1 Kommentar:

  1. Hallo,
    ich weiß nicht, ob du die Kommentare auf deiner Seite noch liest, aber ich hatte trotzdem das Bedürfnis zu schreiben. Vielleicht ist mein Tipp ja hilfreich.
    Ich habe gelesen, dass du keine konkreten Ernährungsempfehlungen kennst. Hast du vielleicht schon einmal von einer ketogenen Ernährungsweise gehört? Dabei werden radikal alle Kohlenhydrate weggelassen, was den Körper dazu veranlasst, auf eine andere Art des Energiestoffwechsels umzustellen (die Ketose). Diese Diät ist besonders bei neurologischen Erkrankungen oft hilfreich bzw. wird immer populärer in Zusammenhang mit Epilepsie oder Migräne. Es geht wohl unter anderem darum, dass bestimmte Gehirnareale eine Insulinresistenz entwickeln, was dann zu Symptomen führt. Deshalb kann der Kohlenhydratverzicht sinnvoll sein.
    Mir ist beim Stöbern durch deinen Blog aufgefallen, dass du morgens nach dem Aufstehen noch keine Tics hast, was ja auch zu einem Zusammenhang mit dem Blutzuckerspiegel passen würde.
    Ich hoffe, du kannst mit den Infos vielleicht etwas anfangen. Zur Ketose gibt es einiges im Netz, vieles leider eher noch auf Englisch.
    Lieben Gruß!

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