Montag, 5. Januar 2015

Auch mein Tourette ist nicht immer ein Komiker

Über den Eintrag heute habe ich lange nachgedacht und bin jetzt zu dem Entschluss gekommen ihn so zu verfassen wie geplant. 
Es ist ja meistens so, dass ich von den lustigen Dingen, die mir mit oder gerade wegen dem Tourette-Syndrom passieren erzähle. Aber auch mein Tourette ist nicht nur lustig, natürlich nicht sonst wäre Tourette für die Betroffenen kein Problem mehr.  
Ich beginne mal am Freitag. Am Morgen mache ich meinen Laptop an um nach etwas zu sehen, dann wieder aus. Kurze Zeit später wollte ich ihn wieder anmachen, aber es funktionierte nicht. Ich war total nervös, denn ohne den Laptop, kann ich vielen meiner neuen Leidenschaften nicht nachgehen. Beruhigend habe ich mir selbst gesagt, dass wird schon, bestimmt geht er später wieder an. Aber irgendwie war ich da schon in einem anderen Film. Immer wenn Unerwartetes geschieht, verliere ich mich in Gedankenzwängen und um da herraus zu kommen beginne ich mit Zwangshandlungen. So auch am Freitag, nach Stunden langem grübeln und einigen selbst auferlegten Regeln fing ich an zu putzen. Danach war alles schön sauber und als ich meinen Laptop nocheinmal an machen wollte, ging er auch wieder. Total glücklich verbrachte ich viel Zeit dort, denn irgendwie habe ich am Laptop wenig bis keine Zwänge und viel weniger Tics. Allerdings kann ich da auch nur höchstens eine Stunde dransitzen, weil ich mich anschließend erst einmal austicen muss. Total glücklich, aber auch genervt, weil dadurch die ganze Grübelei und das Putzen noch unnötiger waren als vorher. Denn was Nicht-Zwängler vielleicht wissen sollten, Zwänglern ist es durchaus bewusst, dass die Zwänge vollkommen unlogisch sind, aber nicht immer kann der Verstand entscheiden. Jeder kennt das Gefühl 'Habe ich auch den Herd wirklich ausgemacht?' und dann das überprüfen. Wenn man so will ist das auch ein Zwang, man kann seiner anfänglichen Wahrnehmung nicht trauen, so ist es eigentlich oft auch mit den Zwängen. Ok, aber ich komme vom Thema ab, wer mehr darüber erfahren möchte. Ich habe ein Hörbuch gefunden, das wirklich gut Zwänge erklärt: Ich und mein Zwang
Am Freitag geschah dann auch nicht mehr viel. Und ich schob die ganze Unruhe auf das Laptop-Problem, doch am Samstag ging es weiter. Unser Hund ist zur Zeit läufig, das bedeutet hin und wieder sind Flecken auf dem Boden. Sofort schaltet sich mein 'verrücktes Gehirn' ein. Ich soll jetzt den Boden im Wohnzimmer nicht mehr berühren. Eigentlich kein Problem, denn alle Möbel stehen eng aneinander. Aber ich zumindest, möchte auch nicht das Leute auch wenn es meine Familie ist, meine Zwänge mitbekommen. Natürlich schaffe ich das schon lang nicht mehr, wahrscheinlich kann ich die Zwänge genauso gut verstecken, wie meine Tics. ;)  Am Mittag ging ich einkaufen, der Provokateur und der Beschützer kamen mit. Die beiden sind vorgelaufen und waren schon im Laden, da sie einen Einkaufsagen holen wollten, ich war etwas weiter hinten. Eine Frau kam mit ihrer Tochter mir entgegen, ich erkannte sie und auch mein Kobold erkannte sie. Die Dame hat vor ein paar Jahren ihr Kind bei einem Wohnungsbrand verloren. Und mein Kobold hatte nichts besseres zu tun als ihr dies auf unschöne Art und Weise mitzuteilen. Erschrocken und verletzt von meinen Worten fing die Frau an zu weinen und  lief schnell mit ihrer Tochter davon. Gern hätte ich mich entschuldigt und erklärt, aber diese Chance bekam ich nicht, da auch andere Passanten von diesem Vorfall erschrocken waren und mich unsanft festhielten. In diesem Augenblick, habe ich mein Tourette wirklich gehasst, es war so unglaublich unangenehm für mich, aber viel mehr tat mir die Frau leid. Ich konnte ihre Traurigkeit wirklich erkennen. Und ich fand es auch ungerecht, dass ich keine Chance bekam mich zu rechtfertigen, mich zu erklären. Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken, aber leider tat sich kein großer Spalt auf. 
Ich war nur froh, dass meine Geschwister schon im Laden waren, so bekamen sie nichts von allem mit und waren auch keiner unnötigen Gefahr ausgesetzt. Mit den Gedanken noch bei der Situation, konnte ich im Laden keinen Lauch mehr von einer Frühlingszwiebel unterscheiden, aber schlussendlich bekam ich alles. Wieder zu Hause, war ich wirklich mies gelaunt. Und immer wieder habe ich mir Regeln auferlegt um die ganze Sache sozusagen wieder zu 'neutralisieren' / wieder auszugleichen. Immer wieder musste ich mich auf eine Stelle setzten und bis zu einer bestimmten Uhrzeit sitzen bleiben. Am Abend konnte ich nicht einschlafen, irgendwem musste ich das erzählen um die 'Last' sozusagen nicht allein zu tragen. Zum Glück war die Nebenstelle Linnich anwesend. Anschließend ging es mir auch besser und ich konnte schlafen.
Heute Morgen freute ich mich schon auf den Tag, denn zum ersten Mal in diesem Jahr ;) gingen wir ins Schwimmbad. Nach dem Frühstück ging es los. Angekommen setzten die 'magischen' Kräfte des Wassers ein und meine Tics sanken auf ein kaum merkliches Maß. Wir hatten wirklich viel Spaß. Im Schwimmbad gab es auch ein Außenbecken, dieses war wirklich schön warm, so warm, dass meine Ohren, die nicht im Wasser waren, sich wie Eiszapfen an fühlten. :D
Irgendwann, waren meine Geschwister und mein Papa rutschen, meine Mama war draußen im Becken und ich blieb drinnen um ein paar Bahnen zu schwimmen. Schwimmen bei mir muss übrigens auch super aussehen, da aus irgendeinem Grund mein linkes Bein sich nicht bewegen lässt um einen Beinschlag zu machen. Folglich schwimme ich ausschließlich mit den Armen. ;)
Nach 6 Bahnen, legte ich eine kleine Pause ein. Mir kam ein Mann mit dem Down-Syndrom entgegen, wieder fing der Kobold an genau auf diesem Merkmal rumzureiten. Ich wollte mich wenigstens diesmal entschuldigen und irgendwie erklären, aber wieder bekam ich nicht die Chance, denn er war nicht allein dort und die Beiden gingen weg. Irgendwie geknickt noch von gestern, hatte ich auch nicht den Mut hinterher zu gehen. Außerdem finde ich es schwer mein Tourette im Schwimmbad zu erklären. Denn die meiste Zeit kann man nichts oder nur motorische Tics feststellen. Wie erkläre ich dann, dass ich eigentlich gerade ganz ruhig bin, aber wenn sich die 'Chance' ergibt Leute beleidige?

Ich ging dann schließlich auch raus in das Außenbecken, wo inzwischen alle anderen auch waren. Danach gab es keine komischen Situationen mehr und ich konnte die Zeit noch genießen. Doch etwas erledigt, fuhren wir wieder nach Hause. Und jetzt sitze ich vor meinem Laptop und schreibe euch.

Nun bin ich am Ende meiner Zusammenfassung. 
Und ich bin auch ganz zufrieden mit dem Eintrag heute. Für mich war es auf keinen Fall einfach, auch mal die nicht so lustige Seite des Tourettes zu zeigen. Meiner Meinung nach gibt es schon genug 'Leidensgeschichten' zum Thema Tourette. Mein Ziel war und ist es mit dem Blog, auch Mut zu machen, zu zeigen, dass man sich nicht von dem Schlechten runterziehen lassen soll. Viel mehr gibt einem das Leben, wenn man sich von den schönen Erfahrungen bei der Hand nehmen lässt und gemeinsam, stark und mit einem Lächeln durchs Leben geht. Ganz nach dem Motto 'Kopf hoch, Krone richten und weiter!' :)

Euch wünsche ich einen schönen Tag 

und 
lacht ruhig mal, auch über eure Schwächen, dann hat der Frust darüber keinen Platz in euren Herzen. 

Selbstironie von Sven Brandt

LifeTiccer

( kurzes Offtopic: Ich habe den Blog etwas ausgebaut. Einige Anwendungen sind neu, z.B. könnt ihr den Blog und auch das Internet von hier aus durchsuchen. Oder ihr könnt mein Google Plus Profil ansehen und das beste ihr könnt ganz einfach mit einem Klick den Blog auf Facebook oder Twitter teilen. aber schaut es euch selbst an. :D)




3 Kommentare:

  1. Katzengulaschtante4. Januar 2015 um 19:26

    Liebe LifeTiccer,
    Ich finde es toll und wichtig, dass du auch mal die andere Seite zeigst.
    Du bist für viele Menschen (auch für mich) ein Vorbild und Vorbilder dürfen und sollen auch Menschen sein mit Problemen.
    Du sollst wissen, dass wir an dich denken.
    Deine
    MC

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  2. Liebe Life Ticcer,

    es ist richtig und wichtig auch einmal über die nicht so schönen Seiten zu berichten, und Du hast dies ja immer noch sehr vorsichtig umschrieben gemacht. Gerade das zeigt ja auch den vielen, vielen Menschen die Dich nicht persönlich kennen, wie wichtig es ist, eben nicht zu jammern, auch wenn es manchmal noch so schwierig und schmerzhaft ist, sondern mit Optimismus, Lebensmut und auch Humor den Dingen des Lebens zu begegnen. Und genau dieses machst Du und benennst dabei einfach die Dinge wie sie sind!

    Ganz viele liebe Grüße -Maria-

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  3. cool, deine Möglichkeiten fürs Teilen. Nicht mehr copy-paste :-) ich habe einige grad ausprobiert,,, es Grüessli

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