Donnerstag, 22. Januar 2015

Hass und Ausgrenzung # YouGeHa



Wie würdet ihr reagieren, wenn euch auf Grund einer schrägen Nase oder buschigen Augenbrauen Hass und Ausgrenzung entgegen gebracht werden? Was würdet ihr sagen, wenn über eure Person schon mehr Gerüchte im Umlauf sind, bevor ihr euch überhaupt vorstellen konntet? Zurzeit gibt es ein größeres Projekt von Wissens-Youtubern, dieses nennt sich #YouGeHa. Darunter zeigen Youtuber, dass sie etwas gegen Fremdenhass haben. In ihren Videos beschäftigen sie sich auf unterschiedliche Weise mit diesem Thema. Ich finde diese Aktion wirklich toll, daher dachte ich mir, dass ich mich irgendwie daran beteiligen möchte.
Natürlich kann ich nicht darüber berichten, wie sich ein Moslem in Deutschland fühlt oder mit welchen Schwierigkeiten Asylanten zurechtkommen müssen. Denn zum Glück habe ich das nie erleben müssen, aber auch Menschen mit einer Behinderung sind nicht geschützt vor Hass und Ausgrenzung.
Bis vor ein paar Jahren, lies sich für mich nicht einmal erahnen, dass mein Leben diese Wendung nimmt. Aber ich wuchs in einer Großfamilie auf, schon in der Grundschule gab es viele Vorurteile gegenüber meiner Familie. Damals war ich öfter traurig darüber, denn wer möchte schon mit diesen ‚Assis‘ spielen. Doch als wir nach einer Zeit die meisten davon überzeugten, dass auch Kinder aus einer Großfamilie etwas auf dem Kasten haben, verabschiedeten sich die Vorurteile. Im Gegenteil, schnell fiel auf, dass meine Geschwister und ich eine besonders hohe soziale Kompetenz besitzen. Nach der Grundschule hatte ich nie wieder Probleme durch Ausgrenzung auf Grund meiner Familie. Und schon da war für mich klar, ich möchte einen Beruf ergreifen, in dem ich Menschen helfen kann. Damals war es Notärztin im Rettungshubschrauber. Naja irgendwann stellte sich raus, dass ich Höhenangst habe und Blut mich schrecklich nervös macht. Also entschied ich mich um. Erzieherin war ab da mein Traumberuf. Und nach meinem Abschluss begann ich mit der Ausbildung zur Sozialassistentin (die Ausbildung vor dem Erzieher). Natürlich ging es auch in der Ausbildung immer wieder um Behinderung und vor Ostern 2013 stand auch ein Praktikum im Heilpädagogischen Bereich an. Um ehrlich zu sein, vor dieser Aufgabe hatte ich riesen Angst. Ich ekelte mich nicht vor den Bewohnern, sondern ich wusste einfach nicht, wie ich mit ihnen umgehen sollte. Aber nach nur ein paar Tagen, kam ich ganz gut zurecht. Irgendwie habe ich festgestellt, die Bewohner waren auch nur Menschen und so sollte man sie auch behandeln.
Kurz nach dem Praktikum bekam ich meinen ersten bleibenden Tic. Ich drehte die Hand, ähnlich wie Luca Toni bei seinem Torjubel. Wenn Tische in der Nähe waren schlug ich drauf. Schreiben viel mir häufig schwer, da der Tic links war und ich mit Links schreibe. Für mich war die Situation zu dem Zeitpunkt noch nicht schlimm. Meine Klasse gab mir Rückhalt und auch bei den Lehrern gab es kein Problem. Dann nach den Sommerferien, explodierten meine Tics, immer wieder kamen Laute später dann Worte. Für mich stellte die Schule aber immer noch kein Problem dar. Meine Klasse war einfach spitze, sie störten sich überhaupt nicht an den Tics und die die damit nicht so zurechtkamen, haben sich einfach rausgehalten. Im Kindergarten, meiner Praktikumsstelle gab es zu diesem Zeitpunkt auch noch keine großen Schwierigkeiten. Den Kindern erklärte ich es und die Erwachsenen störten sich nicht daran. Doch dann kam auch die Koprolalie (ausrufen obszöner Wörter) dazu. Ab da stellte mein Tourette-Syndrom ein Problem dar. Lehrer beschwerten sich und dachten ich würde provozieren. In meiner Praktikumsstelle konnte ich auch nicht bleiben. Zu dem Zeitpunkt war ich wirklich mit den Nerven am Ende, so entschied ich mich, nach dem ich auch die zweite Praktikumsstelle verlor, die Ausbildung zu unterbrechen. Für mich die wohl schwerste Entscheidung die ich bis dahin treffen musste. Aber da fing das Problem erst an. Immer wieder merkte ich, wie mich Leute mieden. Anfangs ging das noch ohne Worte, so z.B. saß ich mit meiner Mama am Bahnhof. Neben mir eine ältere Dame, da ich einen Stampftic habe meinte die Frau, ich solle ihr nicht auf die Füße treten, in einem Recht  unfreundlichem Ton. Für sie war ich nur wieder eine unhöfliche Jugendliche. Meine Mama wollte dies nicht auf sich beruhen lassen, also erklärte sie der Frau, warum ich das tat. Mitten in der Erklärung stand sie auf und ging auf einen anderen Sitzplatz. Schon das machte mich traurig, aber ich wusste nicht, dass es noch härter kommen konnte.  
Ich will jetzt auch nicht alle Geschichten erzählen, dass würde dein Rahmen sprengen. Nur so viel, es wurde mir schon geraten in ein Heim zu gehen, oder mir wurde auf die Nase geschlagen. Und das alles immer ohne, das ein Anderer eingriff. Im Gegenteil, du Leute stellten sich dazu und wenn sich die Chance erbot, gaben sie ihren Senf dazu. So als hätten alle nur darauf gewartet ihren angestauten Frust mal ablassen zu können. Mich verletzten diese Dinge immer sehr und meine Angst auf die Straße zu gehen wurde immer größer und größer. Heute ist es so, dass für mich einkaufen riesen Stress bedeutet oder eine Runde mit dem Hund zu spazieren, voller Diskriminierung und Ausgrenzung ist. So ist es mir z.B. passiert, dass ein Restaurant bei mir um die Ecke Unterschriften sammelte, nur damit ich dort nicht mehr vorbei gehen darf. Als ich mich von den Unterschriften nicht vergraulen lies, riefen sie das Ordnungsamt. Meine lieben Freunde in der Uniform waren leider auch nicht sehr positiv gestimmt, aber nach einer langen Diskussion und dem beherzten Eingreifen mehrerer Gäste, durfte ich weiter dort entlang laufen. Solche Reaktionen machen mich fassungslos. Und es ist auch nicht damit zu entschuldigen, dass die Leute Tourette nicht kennen. Oder dass man nicht weiß, wie man reagieren soll. Jeder einzelne wurde von irgendwem erzogen und bekam schon recht früh beigebracht, was Recht und Unrecht ist. Und es ist doch wohl klar, dass Gewalt, Diskriminierung und Hass Unrecht ist. Fragt euch einmal, wie würdet ihr euch fühlen, wenn ihr von jetzt auf gleich behindert seid? Oder ihr in Deutschland nicht mehr sicher seid nur, weil ihr schwul oder lesbisch seid. Wir hatten das alles schon, denkt an das dritte Reich, an die vielen Menschen, die auf Grund von Behinderungen, Religion oder Sexualität starben. Wollt ihr das wirklich zurück?  Jeder hat irgendwas an sich, weswegen die Person gehasst werden könnte. Vielleicht sind es Segelohren, oder eine Zahnlücke. Ihr kennt die Leute nicht und wegen diesen blöden und völlig unsinnigen Vorurteilen, gebt ihr einem nicht mal die Chance zu beweisen wer er oder sie wirklich ist.  Die ganze Welt weiß dass es extreme Moslems gibt, aber es gibt immer Menschen die ein extremes Weltbild haben. Meine Generation kennt die Folgen von Ausgrenzung und Diskriminierung vielleicht so nicht. Dafür sollten wir aber dankbar sein, anstatt wieder Menschen auszugrenzen. Unsere Eltern kennen die DDR, vielleicht hatten sie das Glück im Westen zu Leben, aber ihr kennt die Berichte aus der DDR. Unsere Großeltern oder Urgroßeltern hatten das dritte Reich. Das alles ist noch nicht lang her, aber anscheinend zu lang. Wacht auf und seht was wir zerstören. Reicht euch die Hand und seit füreinander stark. Denn egal, ob Schwarz oder Weiß, ob Homosexuell oder Heterosexuell, ob Behindert oder Gesund, jeder ist ein Mensch und verdient es wie einer behandelt zu werden. 

Hier noch in paar Links zu den Videos der Youtuber
Warum wir ALLE tolerant sein sollten- SoBehindert


Setzt ein Zeichen für Toleranz 

LifeTiccer

1 Kommentar:

  1. Ein sehr aussagekräftiger Eintrag. Ich finde es sehr gut, wie du dich ausdrückst!!
    Liebe Grüße

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