Dienstag, 27. Januar 2015

Was geht in mir vor während einem Tic?



Gestern war ich den ganzen Tag unterwegs, daher gibt es heute den Eintrag von gestern. :D
In letzter Zeit habt ihr sicher bemerkt, dass ich den Blog mit einigen Fragen beginne. Und das möchte ich auch beibehalten. Falls ihr mal Fragen habt, sendet sie mir einfach über eine private Nachricht und ich werde sie im nächsten Blogeintrag berücksichtigen.

Meine Fragen für heute sind…

Wie fühlt sich ein Tic an? Was geht dabei in mir vor? Passiert das alles ohne mein Bewusstsein? Bin ich fremdgesteuert?



Oft hört man ja, ein Tic kann man sich vorstellen, wie einen Schluckauf oder ein Niesen. Das ist nicht ganz falsch, doch zumindest ich habe das Gefühl, dass ein Tic mehr ist. Immerhin hört man irgendwann auf zu niesen, aber Tics sind häufiger. Ich versuche mal den Vorgang eines Tics in einem Dialog zwischen mir und meinem Tourette-Syndrom (Kobold) zu führen.



Ein Druckgefühl im Brustbereich spüre ich ständig, dass nennt man Vor-/Druckgefühl. Dieses Gefühl ist wirklich stark ganz zu Beginn meiner Tics bekam ich Panik wegen diesem Gefühl. Ich dachte wirklich, dass ich ersticke. So einengend war und ist dieses Gefühl.

Kobold: Schrei laut Hey. Dann geht es dir besser und du bekommst wieder gut Luft.

Ich: Nein, das geht jetzt nicht. Und ich will auch nicht schreien.

Kobold: Doch vertrau mir, das ist jetzt genau das Richtige.

Ich: Nein, wirklich nicht, bitte lass mich doch einfach mal kurz in Ruhe.

Kobold: Ich lass dich ihn Ruhe, aber erst musst du einmal Hey schreien.

Um meine Ruhe zu haben gebe ich dem Tic nach und schreie Hey.

Kobold: Mmh… Du solltest doch 3x schreien, dass klingt besser.

Ich habe überhaupt nicht die Zeit mich, gegen diesen Vorschlag zu wehren, schon ist es raus.

Ich: Bist du jetzt zufrieden. Lass mich jetzt in Ruhe.

Kobold: Blinzel doch mal.

Ich: Nein, jetzt möchte ich gerade etwas lesen.

Kobold: Blinzel, du willst das doch auch.

Meine Augen tränen schon, weil ich versuche meine Augen aufzuhalten, dann blinzel ich.

Kobold (lacht): Und jetzt ruf Ar***gesicht

Ich: Nein, dann gibt es nur wieder Ärger mit anderen Leuten.

Kobold: Na und, Ärger ist super. Dann zeige ich den Leuten mal was noch alles in mir steckt. ;)

Ich: Aber… und dann ist es auch schon raus.



So geht das ganz oft. Und bei anderen Tics fällt mir nicht einmal auf, dass sie da sind. Es sind Geräusche oder Bewegungen, die minimal sind. Anderen Leuten scheinen verschiedene Dinge aber aufzufallen, da besonders bei Telefonaten mit verschiedenen Fremden häufig die Frage kam: Sind sie ok? Stimmt etwas nicht mit Ihnen?

Das Beste ist diese Fragen kommen, obwohl ich zuvor erklärte, dass ich das Tourette-Syndrom habe. Doch irgendwie ist das Tourette immer noch die Krankheit, mit der man fluchend über die Straße läuft. Aber NEIN!!! Diese Form (Koprolalie) gibt es, aber nur ein kleiner Teil leidet darunter. Natürlich kann ich dieses Klischee erfüllen, aber das ist nur ein Teil dieser doch recht fiesen Krankheit.



Was das Bewusstsein angeht, ich glaube das ist mit einer der fiesesten Teile vom Tourette-Syndrom, denn mein Bewusstsein und meine Intelligenz sind vollkommen normal ausgeprägt. Mir selbst tut es auch weh, wenn ich jemanden beleidige, oder wenn ich zu meinen Eltern irgendein Schimpfwort sage. Aber es ist irgendwie so als schicke das Gehirn den Befehl zur Handlung oder Äußerung zuerst an den Körper und anschließend verarbeitet das Gehirn, was geschah. Ich bekomme also durchaus mit, was ich sage aber es ist raus bevor ich etwas dagegen tun konnte.

Ja, dann kann man doch sagen, man wird fremdgesteuert. Kann man das wirklich sagen? Ich bin mir unsicher. Auf der einen Seite besteht man darauf, dass niemand einen ernst nimmt, wenn etwas aus einem Tic heraus passiert. Nichts was ich tue oder sage, passiert aus meiner Meinung/Überzeugung. Aber auf der anderen Seite möchte man auch als vollwertiger Mensch angesehen werden.

Tourette ist irgendwie ein unerzogener Kobold. (Diese Grimmigen, die immer meckern und maulen.)

Und dieser Kobold plaudert alles aus, was man nicht sagt. Als sei er auf Streit aus und er weiß genau, wie man andere Leute aufbringen kann. Und man kann Menschen auch durch Kleinigkeiten aufbringen z.B. reicht es auch 100mal am Tag zu pfeifen. Irgendwann klingeln die Ohren von ganz allein. Aber man kann sich auch an diesen Griesgram gewöhnen. Erst neulich habe ich mit der heimlichen Heldin über die Anfänge der Tics gesprochen. Und sie sagte ganz selbstverständlich: Ich kann mir auch überhaupt nicht mehr vorstellen, wie du ohne Tics warst. Irgendwie ist das nur ein einfacher Satz, aber für mich erklärt er viel. Ja, ich habe Tourette. Aber ich bin nicht das Tourette-Syndrom! Das ist mir ganz wichtig, so oft fragen mich meine Brüder warst du oder Tourette das? Oder ich werde als Tourette angesprochen. Dann bin ich schon total sauer, da es so so so wichtig ist als eigenständige Person angesehen zu werden. Gleichzeitig verstehe ich auch, dass es schwer ist, die Tics mal getrennt von mir zu sehen und im anderen Moment die Tics mit mir zu betrachten. Dieses ganze Krankheitsbild ist so unerklärlich, aber einfach mal darüber zu lachen hilft um alles etwas lockerer zu sehen. ;)



Im nächsten Blogeintrag möchte ich mich mit dem Thema träumen beschäftigen. Keine Angst auf keine mystische Art und Weise. Aber auf eine Art, bei der ich auch Eure Hilfe brauche.
Meine Fragen dazu sind: Wie träumt ihr? Seid ihr in euren Träumen gesund oder werdet ihr von euren realen Handicaps und/oder Schmerzen begleitet? Es wäre wirklich super wenn ihr mir dazu ein kurzes Statement geben könnt. Ich habe mir dafür auch extra eine E-Mail Adresse eingerichtet : lifeticcer@gmx.de  Natürlich könnt ihr mir auch aus anderen Gründen eine Mail schreiben. ;)

I don't care-I tic it!  (von MC) 

LifeTiccer

2 Kommentare:

  1. Ein super Thema super erklärt!
    Und ich fühle mich geschmeichelt zitiert zu werden. ;)

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  2. Dem kann ich mich nur anschließen!!!!!
    In vielen Passagen fine ich mich wieder .

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